Zukunft Land - Eine Serie zur Ländlichen Entwicklung in der Zeitung "Neues Land" - Teil 2
Dass man alte Obstsorten aus Streuobstwiesen für alle Beteiligten gewinnbringend vermarkten kann, beweist ein oststeirisches Projekt.
Das Projekt „eva und adam" - dahinter verbergen sich exklusive Streuobstraritäten als Tafelobst - legte in seinem ersten Jahr förmlich einen Traumstart hin. Geschäftsführer Alois Wilfling aus Miesenbach bei Birkfeld, Projektleiterin Stefanie Schuster und ihr Team suchten über die Bezirksbauernkammer-Zeitungen ab Juli 2020 Zulieferer. Anfang September ging die Website online und schon am ersten Wochenende zählte man über 4000 Zugriffe. Der Run auf alte Sorten wie Ananasrenette, Berner Rosenapfel, Lavanttaler Bananenapfel, Klöcher Maschanzker, Roter Boskoop, Danziger Kantapfel, Grahams Jubiläumsapfel, Cox Orangen Renette, Gelber Bellefleur oder Kronprinz Rudolf setzte ein. „Wir sind mit 154 Streuobstsorten gestartet", erzählt Wilfling, der weiß, dass es früher in der Steiermark rund 2000 verschiedene Apfel- und Birnensorten gegeben hat. Das Obst stammt von rund 180 Bauern. Je nach Sorte und Seltenheit bekamen die Landwirte zwischen 50 Cent und 2,20 Euro pro Kilo. „Oft wissen sie gar nicht, welchen Schatz sie daheim haben", sagt der Streuobstexperte und geschäftsführende Gesellschafter der Gleisdorfer Firma OIKOS. „Ich möchte kein Obstgroßhändler werden", gesteht er offen, „aber ich will mithelfen, den Lebensraum und die Sortenvielfalt zu erhalten." Er begründet sein klares Bekenntnis zur Biodiversität: „Mit dem Verlust der Vielfalt geht auch der Verlust von Chancen für Forschung und Betriebe einher." Steirischer Passamaner Dass „eva und adam" derart rasch reüssierte, kam für den Oststeirer nicht ganz unerwartet. In der Bevölkerung ortet der Pomologe nämlich eine tiefe Sehnsucht nach alten Obstsorten, aber bis dato gab es keine Drehscheibe, wo man solche Früchte erwerben und vertiefende Informationen erhalten konnte. „Wir müssen unsere Kunden erst bilden, denn bei vielen Sorten gibt es große Unterschiede zwischen der Pflück- und Genussreife." Ein Beispiel dafür ist der Steirische Passamaner. Die Sorte braucht zur vollen Entwicklung kräftige Kälteimpulse und reift erst langsam am Lager. „Dieses Wissen ist bei den meisten Menschen verloren gegangen", bedauert Wilfling. „Heute lautet das Kriterium: Den Apfel nehmen und essen."
Bei „eva und adam" erfolgt der Verkauf der Streuobstraritäten über kleine Holzkisten und exklusive Geschenkboxen. Eigene Sorten-Steckbriefe ergänzen den Inhalt. Zu den Kunden zählen Kulinarik-Fans ebenso, wie Menschen, die daheim Streuobstbäume pflanzen wollen und noch auf der Suche nach ihren Lieblingssorten sind. Bio-Fuchs Für die Ländliche Entwicklung erfüllt „eva und adam" gleich mehrere Ziele. Es ist ein kooperatives Innovationsprojekt, ist sektorübergreifend aufgestellt, dient der Entwicklung beziehungsweise Wiederentdeckung bäuerlicher Produkte und ermöglicht das Erschließen von neuen Märkten. Auch Bio Austria hat daran sofort Gefallen gefunden und ihm den heurigen Innovationspreis „BioFuchs" in der Kategorie „Überbetriebliches Konzept" verliehen. Näheres auf www.evaundadam.at.
Von Karl Brodschneider